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19. Oktober 2022

„My art is my castle“

Samir Amatov berichtet von seiner Flucht nach Deutschland und seiner Zuflucht in der Kunst.

In seinem Heimatland wurde Samir Amatov (Name geändert) politisch verfolgt. Er bekam nach seiner Flucht in Nürnberg die Möglichkeit, sich kreativ mit Deutschland zu beschäftigen und erzählt nun, wie dieses kreative Gestalten eine heilende Wirkung auf ihn ausübte. „Mein Heimatland hat mich psychisch krankgemacht. Ich wurde dort politisch verfolgt und misshandelt“, erzählt Samir Amatov. Der 34-jährige Mann ist deshalb mit seiner Frau und seinen zwei Kindern nach Deutschland geflohen und lebt hier seit 2017 in einer Flüchtlingsunterkunft.

„Wegen meiner gesundheitlichen Probleme war ich mehrere Male in der psychosomatischen Abteilung des Klinikums Nürnberg Nord“, berichtet Amatov weiter. Er hat durch verschiedene Ärzte die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung erhalten. Die Behandlungen im Klinikum waren zwar sehr hilfreich, erklärt Amatov, aber wenig nachhaltig. Insgesamt benötigte er deshalb vier stationäre Aufenthalte, die jeweils drei Wochen andauerten. „Während meines letzten Klinikbesuchs bekam ich den Hinweis, mir ambulante Unterstützung im Psychosozialen Zentrum (PSZ) für Flüchtlinge der Rummelsberger Diakonie zu suchen“, so Amatov weiter.

Im PSZ erfuhr er vom Kunstprojekt ARTogether, das die kreative Anleitung mit verschiedenen Materialien durch eine Kunsttherapeutin anbietet und meldete sich sogleich an. „Ich hatte zwar bisher keinerlei Erfahrung im kreativen Gestalten und keinen Bezug dazu“, gibt Samir Amatov zu, „aber das Materialangebot fand ich interessant. Anfänglich“, gesteht der gelernte Ingenieur zudem, „war ich sehr unsicher, ob ich überhaupt geeignet bin, etwas Bildnerisches zu schaffen.“ Durch die geduldige und freundliche Anleitung der Kunsttherapeutin gewann er Vertrauen in sein kreatives Handeln und wurde von Mal zu Mal, von Werkstück zu Werkstück, immer zuversichtlicher und sicherer. „Mit Farbe zu arbeiten bzw. ein Bild zu malen konnte ich mir zu Anfang gar nicht vorstellen“, so Amatov. Deshalb experimentierte er zunächst mit Materialien wie Gips und Ton. Nachdem er einige Tonschalen und Skulpturen angefertigt hatte, wurde er angeregt, diese zu bemalen. „Das war mein erster Schritt in den Umgang mit der Farbe. Von da aus fand ich schließlich zur Malerei“, erzählt Herr Amatov mit leuchtenden Augen.

Mit Unterstützung der Kunsttherapeutin malte er mit Acrylfarben auf Leinwand. „Zu diesem Zeitpunkt besuchte ich einen Integrationskurs, in dem wir uns mit dem Thema Deutschland beschäftigten“, erinnert sich Samir Amatov. „Die Kunsttherapeutin machte mir den Vorschlag, eine Deutschlandkarte mit allen Bundesländern darzustellen. Durch ihre Schritt- für Schritt- Anleitung gelang mir mein erstes Acrylbild.“ Amatov fasste außerdem langsam die Vorstellung, sich an schwierigere Motive heranzuwagen. Dabei fiel ihm sofort die Nürnberger Burg ein, die er gern auf Leinwand malen wollte. „Ich hatte dieses imposante Bauwerk immer wieder gerne besichtigt“, erzählt Amatov sichtlich beeindruckt. Durch die tatkräftige Unterstützung der Kunsttherapeutin gelang es, diese Vorstellung umzusetzen. „Ich hätte nie gedacht, dass es mir gelingt, ein solches Motiv zu malen. Nachdem ich es wirklich geschafft hatte, war ich sehr stolz auf mich“, kommentiert Samir Amatov sein Burg-Bild. „Übrigens: Seit meiner Teilnahme am Kunstprojekt und an der ambulanten Psychotherapie musste ich kein weiteres Mal in die Klinik“, sagt Amatov mit großer Erleichterung.

Übrigens: Die Werke von Samir Amatov und viele weitere Bilder und Werkstücke aus den Projekt ARTogether können Sie noch bis zum 24. Oktober im Caritas-Pirckheimer-Haus in Nürnberg sehen. Weitere Infos zur Ausstellung erhalten Sie unter https://www.cph-nuernberg.de/

Von: Gabriele Wehr

Die Nürnberger Burg imponiert dem 34-jährigen Geflüchteten, sodass er diese als Motiv für sein zweites Acryl-Bild wählte. (Foto: Jelena Hoghe) Das erste Acryl-Bild von Samir Atamov, der in dem Kreativprojekt ARTogether seine künstlerischen Fähigkeiten entwickelte. (Foto: Jelena Hoghe)