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24. März 2021

Noch mehr Digitalisierung wagen

Anja Pudelko und Karlheinz Flechsig berichten von digitalen Fortschritten bei der Rummelsberger Diakonie in der Unterstützten Kommunikation während der Corona-Pandemie.

Hersbruck –  Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung in Deutschland vorangetrieben. Auch bei der Rummelsberger Diakonie hat sich in den vergangenen Monaten einiges getan. Anja Pudelko (54) leitet die Beratungsstelle Unterstützte Kommunikation 18+ am Wichernhaus in Altdorf. Sie berät Mitarbeiter*innen der Rummelsberger Diakonie zu den Methoden der Unterstützten Kommunikation. Menschen mit Behinderung lernen über Bildkarten oder elektronischen Hilfen wie zum Beispiel iPads verständlicher zu kommunizieren. Karlheinz Flechsig (56) arbeitet als pädagogische Fachkraft in einer Wohneinrichtung für Autisten in Hersbruck. Im Interview erzählen sie anlässlich des Weltautismustags am 2. April, wie der Lockdown ihre Umgebung digitaler und sprachlich barrierefreier gemacht hat. Eine Entwicklung, die sie begrüßen und ein Appell: „Diesen Weg sollten wir weitergehen.“

Was hat sich in den vergangenen Monaten in der Kommunikation verändert?
Anja Pudelko:
Das Zusammenspiel zwischen leicht verständlicher Sprache und der Unterstützten Kommunikation (UK) gelingt immer besser. Zu nennen sind hier etwa die illustrierten Eingangsregeln bei Supermärkten und auch die Impfaufklärung der Behörden in leicht verständlicher Sprache.
Karlheinz Flechsig: Im Wohnen in Hersbruck sind wir auch digitaler geworden. Es wurden in den vergangenen Monaten weitere iPads angeschafft. Außerdem bekamen einige Bewohner*innen von ihren Eltern Tablets geschenkt. So konnten sie auch während des Besuchsverbots Kontakt zu ihren Familien halten. Auch jetzt, wo sie wieder Besucher*innen empfangen können, nutzen sie weiter die Videotelefonie. Das ist ein Trend zu mehr Selbstbestimmung.

Welche digitalen Fortschritte hat die Rummelsberger Diakonie gemacht?
Anja Pudelko:
Die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten wurden seit dem Beginn der Corona-Pandemie deutlich verbessert. Es fing damit an, dass es inzwischen in einigen Einrichtungen für Menschen mit Behinderung W-LAN für die Bewohner*innen gibt. Inzwischen können wir über eine eigene Kommunikationsplattform auch Videokonferenzen besuchen und miteinander chatten - um nur einige Beispiele zu nennen. Damit haben wir in der UK-Beratung die Möglichkeit, die Beratung der Mitarbeiter*innen auch online durchzuführen.  

In der Unterstützten Kommunikation (UK) wird mit verschiedenen Materialien wie etwa Bildkarten oder digitaler Kommunikation über das Tablet das Kommunikationsverhalten von Autisten gefördert. Haben sich deren Computer-Skills verbessert?
Anja Pudelko: Bei der Rummelsberger Diakonie werden viele Autisten gefördert, die sich nicht lautsprachlich äußern, also nicht sprechen. Das heißt aber nicht, dass Autisten grundsätzlich nicht kommunizieren wollen. Eine Möglichkeit ist es, mithilfe von Tablets oder Bildkarten Bedürfnisse zu äußern. Das ist gerade für Menschen mit Autismus wichtig. Wenn sie sich nicht verstanden fühlen, können sehr emotionale Situationen entstehen.  

Karlheinz Flechsig: Die Computer-Skills haben sich deutlich verbessert. Wer ein Tablet oder ein iPad in der Kommunikation nutzt, hat in den vergangenen Monaten viel Übung gehabt und somit auch Fortschritte gemacht. Die Bewohner*innen können die Programme in der Unterstützten Kommunikation viel selbstständiger nutzen. Ich unterstütze beispielsweise einen jungen Mann, der seit vergangenem Sommer in Hersbruck wohnt. Er hatte keine Erfahrung in der UK und inzwischen schreibt er einfache Sätze am iPad und kann über die Sprachausgabe mit seinen Eltern telefonieren.

Was haben Sie bisher aus der Corona-Pandemie gelernt?
Anja Pudelko
: Es geht schon viel, wenn es sein muss. Ich freue mich sehr, dass unsere Arbeit weiterlaufen konnte. Die Beratungen der Kolleg*innen in den Einrichtungen haben wir teilweise digital durchgeführt. Selbst meine Fortbildungen habe ich online machen können. Klar war das teils ein Mehraufwand, aber der hat sich gelohnt. Es hat sich eine andere Art der Zusammenarbeit etabliert, die ich sehr gut finde: Wir haben uns online öfter kurze Infos gegeben. Ich fände es klasse, wenn wir diesen Weg als eine Bereicherung, beibehalten würden.  

Karlheinz Flechsig: Wenn ich zurückblicke auf den Beginn der Pandemie, dann erinnere ich mich vor allem daran, wie viele Ängste Eltern und Angehörige und auch wir Mitarbeitende hatten. Die Bewohner*innen spürten auch, dass alles anders geworden war. Sie mussten und müssen Masken beispielsweise beim Einkaufen tragen, die Eltern sahen sie lange nur über das Tablet. Aber das hat sie nicht aus der Bahn geworfen. Die Frauen und Männer sind mit der neuen Situation gut umgegangen. Das macht mir Mut und ich denke, wir können unseren Bewohner*innen mehr zutrauen. Diese positive Grundhaltung und dieses Vertrauen bemerke ich auch bei meinen Kolleg*innen und finde es wirklich klasse.

Das Interview führte:

Von: Heike Reinhold

Anja Pudelko von der Beratungsstelle Unterstützte Kommunikation 18+ begleitet eine UK-Einheit mit Mitarbeiter Karlheinz Flechsig und Bewohner Simon Willett (Mitte). Foto: Heike Reinhold