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08. Mai 2019

Wie Mauern zur Freiheit erziehen

Feier nach Umbau des Pädagogisch-Therapeutischen Intensivbereichs (PTI) der Rummelsberger Diakonie mit rund 100 Gästen – Lob von Fachleuten und Politikern für pädagogisches und architektonisches Konzept

Rummelsberg – Brückenschlag – wie die Intensivpädagogik Grenzen überwindet: Unter diesem Motto wurde am vergangenen Dienstag der Pädagogisch-Therapeutische Intensivbereich (PTI) in Rummelsberg nach einem Umbau eröffnet. In der Einrichtung der Rummelsberger Diakonie leben 31 stark verhaltensauffällige Jungen im Alter zwischen elf und 15 Jahren. Die Kinder und Jugendlichen erhalten in der teilweise geschlossenen Einrichtung eine engmaschige intensive Betreuung. Rund 100 Gäste aus Politik, Verwaltung, Verbänden und der gesamte Vorstand der Rummelsberger Diakonie nahmen an der Feier nach der Sanierung der Einrichtung teil. Im Anschluss startete ein zweitägiger Fachtag über Intensivpädagogik.

In den geschlossenen und offenen Wohngruppen gibt es eine enge Verzahnung von Intensivpädagogik, Schule und therapeutischer Arbeit – dies gilt als einzigartig in der Jugendhilfelandschaft Bayerns. Das Besondere am Pädagogisch-Therapeutischen Intensivbereich als geschlossener Einrichtung ist der Umgang mit Freiheit. Die Jungen besuchen in Begleitung von Mitarbeitenden eine Schule in Rummelsberg und unternehmen Ausflüge. Außerdem werden sie in verschiedenen Wohngruppen an ein selbstständiges Leben herangeführt. „Dennoch ist es wichtig, dass die Eingangstüren der beiden verbundenen Doppelhaushälften versperrt sind“, sagte Reinhard März, Leiter des PTI. Auch der hohe Zaun um die Außenanlagen müsse zum Schutz der Kinder und Jugendlichen sein. Denn die Kinder und Jugendlichen, die im PTI aufgenommen werden, sind es gewöhnt bei Problemen wegzulaufen. „Eine geschlossene Tür bedeutet zuerst: Du bist uns wichtig, wir wollen, dass Du bleibst. Wir wollen Dich erreichen“, erklärte Karl Schulz, Vorstand Dienste der Rummelsberger Diakonie.

„Den PTI habe ich bei meinem Besuch als die freiheitlichste geschlossene Unterbringung erlebt, von allen, die ich je kennengelernt habe. Insbesondere hat mich die gute Kommunikation zwischen Gruppenmitarbeitenden, Therapeuten und Lehrern beeindruckt“, lobte Professor Mathias Schwabe von der Evangelischen Hochschule in Berlin beim Fachtag. Er hatte die Verantwortlichen der Rummelsberger Jugendhilfe bei der Entwicklung des pädagogischen Konzepts unterstützt. In seinem Vortrag bezog er sich auf Forschungsergebnisse und seine fünftägige Hospitation im PTI im Jahr 2017. Professor Menno Baumann, Professor für Intensivpädagogik an der Fliedner Hochschule in Düsseldorf, informierte die 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Fachtags über die Grundlagen für die Arbeit mit „Hoch-Risiko-Klientel“. Daneben wurden zahlreiche Workshops angeboten.

Klaus Schenk vom Bayerischen Familienministerium betonte bei der Eröffnung, dass die Architektur in der Intensivpädagogik eine wichtige Rolle spiele. Der alte Atriumbau mit einem geschlossenen Innenhof, der an eine Vollzugsanstalt erinnere, stehe für eine veraltete Pädagogik. „Die Rummelsberger Diakonie hat sich in einen Bewusstseinsprozess begeben“, lobte Schenk den gelungen Umbau.

Der PTI wurde 1977 eröffnet. Seitdem wurden in der Einrichtung der Rummelsberger Diakonie rund 1.400 junge Menschen betreut. Gebäude und Inneneinrichtung waren über die Jahre abgenutzt und mussten dringend renoviert und ersetzt werden. Der Umbau des PTI dauerte mehr als 24 Monate und kostete 4 Millionen Euro. Sternstunden e.V., die Benefizaktion des Bayerischen Rundfunks, förderte den Umbau mit 500.000 Euro. Außerdem unterstützen sie die Gestaltung des Außenhofs mit weiteren 240.000 Euro. „Wir haben uns bewusst für ein Präventionsprojekt entschieden“, sagte Thomas Jansing von Sternstunden e.V. bei der Eröffnung des PTI. Kindern und Jugendlichen, die in ihrem Leben nicht genügend Fürsorge und Zuneigung erfahren hätten, müsste man Chancen geben. „Wir dürfen keinen verloren gehen lassen“, mahnte Jansing bei der Eröffnung.

Von: Heike Reinhold

Die rund 100 Gäste ließen bei der feierlichen Eröffnung Luftballons mit guten Wünschen für die Bewohner und Mitarbeitenden des Pädagogisch-Therapeutischen Intensivbereichs (PTI) der Rummelsberger Diakonie steigen. Foto: Heike Reinhold