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04. Dezember 2019

Angehörige stärker im Blick

120 Fachkräfte und Ehrenamtliche erhielten am 14. Fachtag Demenz und Sterben in Nürnberg Impulse, achtsam und sicher mit der Trauer Angehöriger umzugehen.

Nürnberg – „Wenn ein Mensch stirbt, tut er das auf seine ganz eigene Weise – auch Menschen mit Demenz“, sagte Melanie Huml, Staatsministerin im Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege bei der Eröffnung des 14. Fachtags Demenz und Sterben am 29. November in Nürnberg. In diesem Jahr stand die gemeinsame Veranstaltung der Akademie für Hospizarbeit und Palliativmedizin Nürnberg, der Angehörigenberatung e.V. Nürnberg, des Diakoneo, des Zentrums für Altersmedizin am Klinikum Nürnberg und der Rummelsberger Diakonie e.V. unter dem Motto „In der Not – sicher mit Angehörigen umgehen.“ Rund 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hörten sich die Vorträge am Fachtag im Haus Eckstein an und besuchten die anschließenden Workshops.

Melanie Huml, die nicht wie geplant persönlich am Fachtag teilnehmen konnte, betonte in ihrer Video-Botschaft, wie sehr sie sich freue, dass der diesjährige Fachtag die pflegenden Angehörigen und Nahestehenden in den Fokus rücke. „Als Angehöriger wird man nahezu automatisch zum Sterbebegleiter“, so die bayerische Staatsministerin. Umso wichtiger sei es, dass Fachkräfte und Ehrenamtliche die Angehörigen und Nahestehenden im Blick hätten und auf ihrem Weg begleiteten und unterstützten.

Das betonte auch Prof. Dr. Katharina Heimerl, Professorin für Palliative Care und Organisationsentwicklung an der Universität Wien, in ihrem Einführungsvortrag „Um ihrer selbst willen – die Bedürfnisse von Angehörigen in der Palliativen Geriatrie“. „Insgesamt pflegen in Deutschland 4,7 Millionen Menschen ihre Angehörigen zuhause. In ein Pflegeheim geben sie den multimorbiden Familienangehörigen erst, wenn sie keinen anderen Ausweg mehr wissen“, so Heimerl. Multimorbidität steht für das gleichzeitige Bestehen mehrerer Krankheiten bei einer Person, hochbetagte Pflegebedürftige sind meist mulitmorbid. Bei Einzug in die Pflegeeinrichtung sind die Betroffenen demnach bereits sehr krank und die Angehörigen durch die lange Zeit der häuslichen Pflege stark belastet und erschöpft.

„Angehörige sind Mitleidende“

So beginnt mit dem Einzug nicht nur die medizinische und geriatrische Pflege, sondern auch die Palliative Care sollte gleichermaßen starten. Mit dem Ziel, sowohl dem multimorbiden Menschen mit und ohne Demenz bis zuletzt ein gutes Leben zu ermöglichen, als auch deren Angehörigen in den schweren Zeiten beizustehen. „Angehörige sind Mitleidende und Mitbetroffene, sind somit ebenfalls Adressaten der palliativen Versorgung und müssen um ihrer selbst willen Beachtung finden“, erklärte Heimerl. Dabei gehe es den meisten Menschen darum „als Angehörige im Blick zu sein“, so die Professorin vom Institut für Pflegewissenschaften an der Universität Wien. Oft reichen dafür schon kleine Gesten des Verstehens oder Mitfühlens, wie ein kurzer Händedruck oder ein tröstlicher Satz. Wichtig ist, dass die Wertschätzung seitens des Einrichtungs-Personals alltäglich ist. Von großer Bedeutung ist für die Angehörigen eine ernsthafte Auseinandersetzung seitens der Mitarbeitenden mit den vielen Fragen, die mit dem Einzug ins Pflegeheim für sie verbunden sind. Fragen zur Vorsorgeplanung oder Patientenverfügung, aber auch ethische Fragen im Bezug auf die tägliche Pflege oder die Sterbebegleitung sowie ganz persönliche Fragen der Trauer.

Mitarbeitende müssen dafür entsprechend geschult sein. Prof. Dr. Heimerl empfiehlt, nicht nur Pflegepersonal, sondern auch Verwaltungs- und Servicekräfte in Pflegeeinrichtungen zum Thema Demenz, Palliative Care und Trauerbegleitung zu schulen. Sie nahm am Fachtag außerdem die Politik in die Pflicht, entsprechende Rahmenbedingungen für den Pflegealltag zu schaffen. Besondere Bedeutung hat dabei laut Heimerl „die Anerkennung des zusätzlichen Gesprächsaufwandes und die Begleitung von Angehörigen als Arbeitsleistung. Dazu gehören auch Beratungsgespräche.“

Gute Beispiele aus Augsburg und Hanau

Die Fachtags-Besucherinnen und -besucher lauschten den Ausführungen der Wiener Professorin gespannt und begeisterten sich in der anschließenden Austauschrunde insbesondere für die Ideen der „Sorgenden Gemeinde“ und für „demenzfreundliche Kommunen“, mit denen Heimerl ihren Impulsvortrag abschloss. Viele berichteten von positiven Beispielen aus ihren Heimatorten, unter anderem von den Projekten „demenzfreundliche Apotheken“ der Stadt Augsburg und „Demenzlotsen für die Stadt Hanau“.

Später machte Autor Burkhard Spinnen mit sehr lebendigen Erzählungen aus seinem Buch „Die letzte Fassade“ das Erleben eines Angehörigen für alle Teilnehmenden des Fachtags greifbar.

Nachmittags besuchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine der neun Arbeitsgruppen, zum Beispiel den Letzte-Hilfe-Kurs von Diakon Stefan Meyer, Geschäftsführer der Akademie für Hospizarbeit und Palliativmedizin Nürnberg. Außerdem wurden Kommunikationstechniken erklärt, Trauerprozesse von Menschen mit Demenz erörtert, Möglichkeiten für Symptomlinderungen aufgezeigt und Abschieds- sowie Trauerrituale besprochen, die helfen können, die letzte Lebensphase gut zu gestalten. Für sterbenskranke Menschen mit und ohne Demenz sowie für deren Angehörige und Nahestehende.

Von: Stefanie Dörr

Das Team des 14. Fachtags Demenz und Sterben (v.li.): Elke Kaufmann, Koordinatorin am Zentrum für Altersmedizin des Klinikums Nürnberg, Prof. Dr. Katharina Heimerl, Referentin von der Universität Wien, Christoph Jäschke, Studienleiter an der Diakonischen Akademie Rummelsberg, Antje Jones, Geschäftsführerin Angehörigenberatung e.V., Burkhard Spinnen, Autor und Angehöriger, Barbara Heitmann vom Demenzzentrum Diakoneo Nürnberg sowie Diakon Stefan Meyer, Geschäftsführer der Akademie für Hospizarbeit und Palliativmedizin Nürnberg. Foto: Stefanie Dörr