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29. September 2023

Rummelsberger Forum: Wo steht die Inklusion in Bayern?

Auf dem Podium diskutieren Politiker*innen und Rummelsberger Vorstand Karl Schulz über konkrete Hürden für Menschen mit Behinderung

Nürnberg – Inklusion ist ein großes Ziel unserer Gesellschaft. Viele Bereiche des öffentlichen Lebens werden immer inklusiver. Und trotzdem gibt es für Menschen mit Behinderung noch immer große Hürden, die teilweise nur mit enormem bürokratischem Aufwand überwunden werden können.

Beim Rummelsberger Forum kommen Betroffene in Videobotschaften zu Wort und berichten von ihren Erfahrungen. Auf dem Podium antworten Kerstin Celina, Sprecherin für Sozialpolitik (MdL, Die Grünen), Fraktionsvorsitzender des Bezirkstags Mittelfranken Sven Ehrhardt (SPD), religionspolitischer Sprecher Matthias Fischbach (MdL, FDP), stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Bayerischen Landtag Thomas Huber (MdL, CSU), Bezirkstagspräsident Armin Kroder (Landrat, Freie Wähler) und Vorstand der Rummelsberger Diakonie, Karl Schulz.

Franziska Holzschuh, Leiterin der Redaktion Nürnberg, Region und Bayern beim Verlag Nürnberger Presse, moderiert die Podiumsdiskussion.

Endet das Recht auf selbstbestimmtes Leben, wenn es zu teuer wird?

Im Fall von Bernhard Herlitz ist das bislang der Fall. Er lebt in einer Wohngruppe im Wichernhaus in Altdorf. Der Rentner sitzt im Rollstuhl und kommuniziert mit Hilfe eines Talkers. Sein Traum? „Ich will selbstständig wohnen“, sagt er mit Hilfe einer Computer-Stimme, „ich könnte meinen Hobbys nachgehen, mal essen gehen und müsste nicht immer Rücksicht auf meine Mitbewohner nehmen“. Der Kostenträger bezahlt nicht genug für ausreichend große Wohnung. „Das ist ungerecht, das ist keine Gleichberechtigung“, sagt Herlitz.

Kerstin Celina wirft in die Runde: „Wir müssen darüber sprechen, wie wir ‚angemessenen Wohnraum‘ definieren.“ Die Kostenträger übernehmen in der Regel Kosten für eine Wohnung in der Höhe, die ein Platz in einer Wohngruppe kostet. Wird es teurer, zahlen sie nicht. „Da müssen wir ran. Das kostet aber Geld.“ Bezirkstagspräsident Armin Kroder geht noch weiter: „Wenn wir eine Wohnung in Altdorf finden, dann kriegen wir das hin“, sagt er zu Bernhard Herlitz.

Das Problem ist, es gibt zu wenig barrierefreie Wohnungen. „Wäre es nicht eine Lösung, dass die Regierung festlegt, dass geförderter Wohnraum barrierefrei sein muss?“, fragt Moderatorin Franziska Holzschuh in die Runde. Armin Kroder: „Absolut, das wäre eine Möglichkeit.“

 

Ist die freie Berufswahl wirklich frei?

Doch nicht nur beim Wohnraum scheitert es an der Kostenübernahme durch den Staat. Kerstin Stewart will eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegehelferin machen. Sie ist gehörlos und benötigt dafür eine*n Dolmetscher*in für Gebärdensprache. Arbeitsagentur, Rentenversicherung und Sozialgericht schieben den Fall hin und her. Schließlich lehnt das Gericht den Antrag auf Kostenübernahme ab. Der Grund? Sie sei nicht arbeitslos und der Beruf sei für sie nicht geeignet.

„Das wiederspricht der freien Berufswahl“, sagt Andreas Schock, stellvertretender Schulleiter der Schule für Heilerziehungspflege in Ebenried. Er steht Kerstin Stewart bei den bürokratischen Hürden zur Seite. „Warum wird Frau Stewart von den Behörden anders behandelt als andere Menschen?“, fragt Andreas Schock.

Mangelhafte Inklusion ist gesamtgesellschaftliches Problem

„Das ist schlichtweg schizophren“, sagt Sven Ehrhardt, Fraktionsvorsitzender des Bezirkstags Mittelfranken, „in der heutigen Zeit, in der wir überall einen Fachkräftemangel haben ihr das nicht zu ermöglichen. Sie wäre ein riesiger Gewinn“. Auch Thomas Huber stimmt dem zu: „Jede Fachkraft, die uns genommen wird, fehlt.“

Karl Schulz, Vorstand der Rummelsberger Diakonie, sieht nur eine Lösung, um für eine bessere Inklusion zu sorgen: „Es gehören viele Menschen an einen Tisch, um dieses gesamtgesellschaftliche Problem zu lösen.“

Recht auf einen Betreuungsplatz

Alle Redner*innen auf dem Podium haben viel zu den Fällen zu sagen. Für das dritte Video des Abends blieb keine Zeit mehr. Die Frage aus der Botschaft von Uwe Stark allerdings bleibt: „Wo bliebt das Recht auf einen Betreuungsplatz für Menschen mit Behinderung?“. Der zweifache Vater ist alleinerziehend, einer seiner Söhne ist Autist. Bis zur Volljährigkeit war er in einer Einrichtung untergebracht. Für die Werkstatt ist Michael nicht geeignet. Aber andere Betreuungsplätze gibt es in der Region kaum. Die Situation bringt Uwe Stark monatelang an seine finanziellen und emotionalen Grenzen. Er wünscht sich mehr Unterstützung aus der Politik.

Von: Lisa Vogel