Schwarzenbruck – Wenn man Dorothea und Werner Heger zuhört, dann fühlt es sich wie eine Zeitreise an: 1953 beginnt Werner Heger als sogenannter Helfer seine vordiakonische Ausbildung in Rummelsberg, absolviert die Ausbildung zum Diakon und bleibt zeitlebens Rummelsberg treu. Auf die Frage, wie lange er sich schon für die Rummelsberger Diakonie engagiere, antwortet Heger: „Seit 71 Jahren. Beinahe jeden Tag.“ Auch wenn er selbst nicht als Diakon in Rummelsberg tätig war, die Verbundenheit hat er nie verloren und wohnt heute wieder im Ort. Zusammen mit seiner Frau hat er den ersten von drei Chronik-Bänden transkribiert, welche der damalige Rektor Karl Nicol von 1919 bis 1954 anfertigte. Der zweite Band liegt bereits auf dem Schreibtisch des Ehepaares und wartet auf Bearbeitung.
Brüderverzeichnis, Helfer-Buch und Lexikon
Nicht nur die Umschrift und damit Zugänglichkeit der Chronik zählt zu Hegers Verdiensten, Werner Heger hat seinen Ruhestand auch damit verbracht, ein Verzeichnis aller Diakone zwischen 1890 und 2016 zu erstellen, das Helfer-Buch zu schreiben und das Rummelsberger Lexikon zu verfassen. Letzteres enthält mehrere tausend Begriffe, die alle die Geschichte Rummelsbergs erzählen – fundiert recherchiert und mit leidenschaftlicher Akribie zusammengestellt.
Das Helfer-Buch hingegen beschreibt die Arbeit der Helfer in Rummelsberg, zu denen damals auch Heger zählte. Er kontaktierte andere ehemalige Helfer und bat sie, ihre Erlebnisse und Erfahrungen zusammenzutragen. Werner Heger veröffentlichte diese Berichte ungefiltert in einem Buch. Die Helfenden waren junge Männer, die wesentlich dazu beitrugen, die Diakoniearbeit in Rummelsberg während der Kriegszeit sicherzustellen. Viele von ihnen kamen als Flüchtlinge und Vertriebene während die jungen Deutschen für den Kriegsdienst eingezogen wurden.
Erste Anlaufstelle für Recherchen
Einer dieser Helfer war auch Rudi Rathfelder, der „als 15-jähriger Piefke 1956 nach Rummelsberg kam, wo ich erst richtig Deutsch gelernt habe“, wie er selbst erzählt. Rahtfelder unterstütze Werner Heger dabei, das Brüderverzeichnis zu erstellen. „Es ist die erste Anlaufstelle für jegliche Recherchen, die mit der Geschichte Rummelsberg zu tun haben“, erzählt Dr. Thomas Greif, Leiter des Diakoniemuseums in Rummelsberg.
Rudi Rathfelders Verbundenheit zu Rummelsberg liegt in seiner Herkunft: als Vertriebener mit russisch-polnische Abstammung hatte er es als junger Mann in Deutschland zur damaligen Zeit nicht leicht. In Rummelsberg fand er nicht nur zur deutschen Sprache, er gewann auch ein Stück seiner Identität.
„Wir müssen die Geschichte bewahren“
Um Identität geht es auch in Hegers und Rathfelders Engagement: „Wir müssen die Geschichte bewahren. Nur dann versteht man auch die Gegenwart“, sagt Werner Heger. Thomas Greif nickt zustimmend, denn auch für ihn liegt der unbezahlbare Wert dieses Engagements im Aufzeigen der Rummelsberger Identität: „Die Werte, die die Rummelsberger Diakonie vertritt, sind tief verwurzelt in ihrer Geschichte. Diese Geschichte müssen wir begreifen und wir müssen sie bewahren“, sagt er.
Werner Heger und Rudi Rathfelder sind beide auf ihre Art und Weise mit der Rummelsberger Diakonie verbunden. Die Geschichte Rummelsberg zu konservieren bedeutet für sie, ihre eigene Geschichte begreifbar zu machen. Auch finanziell spenden beide regelmäßig, insbesondere um die Arbeit des Diakoniemuseums zu unterstützen.
Gemälde dank Spenden restauriert
So konnte dank der Unterstützung ein altes Ölgemälde aufwendig restauriert werden. Das Bild, das jahrzehntelang im Burgmuseum in Burgthann verwahrt wurde, fand vor einigen Jahren seinen Weg zurück nach Rummelsberg. Es zeigt einen nächtlichen Bombenangriff im zweiten Weltkrieg, der rund um Rummelsberg Zerstörung und Tod vom Himmel niederprasseln lässt - nur Rummelsberg selbst bleibt verschont. „Ein Motiv, das in Form eines Ölgemäldes einzigartig sein dürfte“, so Thomas Greif. Genauso einzigartig wie das beeindruckende und unbezahlbare Engagement von Ehepaar Heger und Rudi Rathfelder.
Hinweis: Die aktuelle Ausstellung im Diakoniemuseum trägt den Titel „Fremde beherbergen. Geschichte eines diakonischen Auftrags.“ Die Ausstellung ist noch bis Juni 2025 zu sehen. Weitere Informationen finden Sie unter https://www.diakoniemuseum.de/
Von: Christina Kommer