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12. Oktober 2017

Rosenduft zum Abschied

Am 14. Oktober ist Welthospiztag. Diakonin Jennifer Pöhlmann koordiniert die Palliativarbeit im Stephanushaus der Rummelsberger Diakonie. Sie erzählt, wie sie und ihr Team eine schwerkranke Bewohnerin bis zum Tod begleitet haben.

Rummelsberg – Erna Mayer verbrachte nur vier Monate im Stephanushaus. Das ist wenig Zeit, um sich kennenzulernen. Umso wichtiger war es für die Mitarbeitenden der Pflegeeinrichtung, schnell herauszufinden, was die Dame mag und was sie nicht möchte. Frau Mayer liebte Rosenduft und die Mitarbeitenden benutzten bei der Pflege immer ihre Lieblingsseife und ihre Körperlotion. Ihr Zimmer war mit persönlichen Dingen gemütlich eingerichtet und die Fotos ihres Mannes und Sohnes standen auf dem Nachttisch. „Am Ende des Lebens ist es für viele sehr wichtig, Erinnerungsstücke ganz nah bei sich zu haben“, weiß Diakonin Jennifer Pöhlmann. Die 32-Jährige koordiniert die Palliativarbeit in der Einrichtung der Rummelsberger Diakonie.

Als Diakonin Pöhlmann die neue Bewohnerin Erna Mayer zum ersten Mal sah, erschien sie ihr ruhig, sie zeigte keine Symptome. Die 74-Jährige hatte sich ausführlich über ihre Krankheit informiert und wusste, was geschehen würde. Den Namen der inzwischen Verstorbenen hat Jennifer Pöhlmann geändert, damit die Dame nicht wiedererkannt werden kann. Erna Mayer litt an Amyotropher Lateralsklerose, kurz ALS. Das ist eine nicht heilbare degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems. Nach und nach versagen die Muskeln den Dienst.

Erna Mayer hatte Angst vor dem Ersticken. Diese und andere Ängste wie die Angst vor Schmerzen konnten ihr die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stephanushauses weitgehend nehmen. Dazu erstellten sie mit Erna Mayer einen Notfallplan. In Kooperation mit dem Hausarzt besorgten sie dann zum Beispiel ein Notfallmedikament, auf das die 74-Jährige jederzeit schnell Zugriff hatte. „Palliativ- und Hospizarbeit ist bei uns Teamarbeit“, betont Jennifer Pöhlmann. Im Stephanushaus sind die Mitarbeitenden achtsam und hören den Bewohnerinnen und Bewohnern ganz genau zu. An den Fallbesprechungen nehmen neben gerontopsychiatrischen Fachkräften und Betreuungskräften teilweise auch Mitarbeitende aus dem Service und Reinigungspersonal teil. „Es ist sehr wichtig, dass wir unsere Bewohnerinnen und Bewohner kennenlernen, so lange sie sich noch mitteilen können“, erklärt die Fachkraft für Palliative Care.

Um die Wünsche und Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner zu dokumentieren, hat das Stephanushaus einen strukturierten Ablauf entwickelt. Falls noch nicht geschehen, werden eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung aufgesetzt. Es wird darüber geredet, wie sich die Menschen ihren letzten Weg vorstellen. Festgehalten wird das in einem Assessmentbogen und in der Notfallplanung bei der Palliativversorgung. Was so bürokratisch klingt, hat sich bewährt. „Damit gewinnen die Mitarbeitenden mehr Sicherheit“, erklärt Jennifer Pöhlmann.

Erna Mayer liebte die Natur, den Duft der Blumen und Kräuter, aber vor allem den Duft der Rosen. Aber spazieren gehen konnte sie bereits beim Einzug ins Stephanushaus nicht mehr allein. Also unternahmen die Hospizbegleiterinnen und Hospizbegleiter mit ihr Ausflüge im Rollstuhl. Als sie nicht mehr selbstständig lesen konnte, lasen die Ehrenamtlichen ihr aus der Zeitung vor. Der Hospizdienst ist eine weitere Besonderheit der ausgezeichneten Hospiz- und Palliativversorgung der Rummelsberger Diakonie. Im vergangenen Jahr erhielt die Pflegeeinrichtung dafür als erste diakonische Einrichtung das Zertifikat PallExcellence.

Bei der Fachtagung „Leben am Lebensende“, die am 7. November 2017 in Rummelsberg stattfindet, stellen Diakonin Jennifer Pöhlmann und Einrichtungsleiter Diakon Werner Schmidt die Hospiz- und Palliativarbeit im Stephanushaus vor. Die Tagung findet von 9.30 bis 16.30 Uhr im Berufsbildungswerk Rummelsberg, Rummelsberg 74 statt. Veranstalter ist der Deutsche Evangelische Verband für Altenarbeit und Pflege e.V. (DEVAP).

Kasten: Das Zertifikat PallExcellence
Das Zertifikat PallExcellence wird an Einrichtungen verliehen, die eine exzellente Palliativversorgung nachweisen können. Überprüft werden unter anderem die Konzepte der Palliativversorgung, die Vernetzung, die palliative Pflege und der Umgang mit Verstorbenen. Die Auszeichnung orientiert sich an den Qualitätsvorgaben zur Hospizkultur und Palliativkompetenz des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes. Im Mittelpunkt des Audits stehen Gruppeninterviews mit Verantwortlichen, Mitarbeitern unterschiedlicher Professionen, Angehörigen, Heimbeirat und Hospizhelfern. Zertifizierungsgesellschaft ist die PallCert Europe GmbH.

Von: Heike Reinhold

„Palliativ- und Hospizarbeit ist bei uns Teamarbeit“, betont Diakonin Jennifer Pöhlmann (Zweite von links) bei einer Fallbesprechung. Foto: Heike Reinhold