Wer übernimmt, wenn Angehörige nicht mehr können?

25. Juli 2025

Hersbruck – Lieber die Eltern oder doch einen gesetzlichen Betreuer*in? Wenn Menschen ihre Angelegenheiten nicht mehr selbstständig regeln können, gibt es in der Regel zwei Möglichkeiten: Häufig übernehmen Eltern oder Angehörige die rechtliche Vertretung. Doch Menschen mit Einschränkungen haben auch die Möglichkeit, eine gesetzliche Betreuung durch eine außenstehende Person in Anspruch zu nehmen.

Andreas Puchta (50) ist Leiter des Rummelsberger Betreuungsvereins – aktuell im Einsatz in Bamberg und in den Hassbergen. Im Interview spricht er über das sensible Thema der gesetzlichen Betreuung und erklärt, warum Eltern diesen Schritt ohne schlechtes Gewissen gehen können.

Herr Puchta, sind Eltern die besseren Betreuer*innen?
Andreas Puchta: Das kann man so pauschal nicht sagen. Eltern kennen ihre Kinder natürlich sehr gut und können oft in ihrem Sinn entscheiden. Geht es aber um erwachsene Kinder, geraten Eltern häufig in eine Art Zwickmühle. Sie möchten deren Wünsche respektieren, können aber nicht immer dahinterstehen – oder würden selbst ganz anders entscheiden.

Schwierig wird es zum Beispiel, wenn es um Themen wie Sexualität geht: Ein junger Mann möchte etwa einen Besuch im Bordell bezahlen oder hat den Wunsch, Frauenunterwäsche zu tragen. Auch der Umgang mit Geld sorgt oft für Konflikte – etwa wenn die betreuten Personen lieber Süßigkeiten und Alkohol kaufen, statt sich gesund zu ernähren. Da fällt es mir als neutralem gesetzlichen Betreuer oft leichter, den Wunsch der betreuten Person zu akzeptieren, ohne moralisch zu werten.

Welche Aufgaben haben gesetzliche Betreuer*innen?
Puchta: Der rechtliche Betreuer oder die Betreuerin nimmt die Interessen der betreuten Person als gesetzlicher Vertreter wahr – und zwar im Rahmen der vom Gericht festgelegten Aufgabenkreise. Dabei müssen sowohl das Wohl der Person als auch ihre subjektiven Wünsche berücksichtigt werden.

Was dürfen Sie als Betreuer konkret tun?
Puchta: Ich verwalte Geld und Vermögen, regele Wohnungsangelegenheiten und darf für meine Klient*innen Miet- oder Versicherungsverträge abschließen. Ich bin befugt, Briefe zu öffnen und zu beantworten, Rechnungen zu begleichen oder auch Handyverträge zu kündigen.

Wenn nötig, treffe ich Entscheidungen über ärztliche Behandlungen oder beauftrage einen Anwalt. Ich darf auch Ausweisdokumente beantragen oder abholen. Wichtig ist mir: Ich entscheide wirklich nur dann, wenn meine Klient*innen das nicht selbst können.

Wie wird man eigentlich gesetzliche*r Betreuer*in?

Puchta: Gesetzliche Betreuer*innen werden vom zuständigen Betreuungsgericht bestellt. Es gibt sowohl ehrenamtliche als auch berufliche Betreuer*innen. Viele Ehrenamtliche kommen aus dem familiären Umfeld – etwa Eltern, Geschwister oder Lebenspartner*innen.

Wer die Betreuung beruflich ausüben möchte, braucht bestimmte persönliche und fachliche Voraussetzungen. Dazu gehören Kenntnisse im sozialen, rechtlichen oder verwaltungstechnischen Bereich. Die Betreuungsbehörden prüfen die Eignung und geben eine Empfehlung an das Gericht. Erst danach kann eine offizielle Bestellung erfolgen.

Was kostet eine rechtliche Betreuung – und wer übernimmt das?

Puchta: Ehrenamtliche Betreuer*innen erhalten eine Aufwandspauschale – derzeit 425 Euro pro Jahr. Berufliche Betreuer*innen, wie ich, bekommen eine Vergütung nach gesetzlich festgelegten Stundensätzen. Die Kosten hängen vom Aufwand und den Lebensumständen der betreuten Person ab.

Wenn die betreute Person nicht mehr als 10.000 Euro Vermögen hat, übernimmt der Staat die Kosten über die Justizkasse. Niemand muss also Sorge haben, sich Betreuung nicht leisten zu können.

Wann ist für Eltern der richtige Zeitpunkt, die Betreuung abzugeben?
Puchta: Das lässt sich nicht verallgemeinern. Ich denke, jede*r sollte sich mit der Betreuungssituation wohlfühlen. Wenn es immer wieder zu Konflikten mit dem Kind oder der Einrichtung kommt, ist es vielleicht an der Zeit, über eine Übergabe der Betreuung nachzudenken.

Auch wenn die Eltern älter werden und die Verantwortung nicht mehr tragen können oder wollen, stehen wir Betreuer*innen bereit – und unterstützen die ganze Familie.

Das Interview führte 
Heike Reinhold 

Andreas Puchta vom Bamberger Betreuungsverein.
Titel
Andreas Puchta vom Bamberger Betreuungsverein.
Foto
Jana Hofmann