Zwischen Historie und Aufbruch
10. Dezember 2025Altdorf - Die Sonnenstrahlen des Spätsommers fielen noch durchs historische Gemäuer des Wichernhauses der Rummelsberger Diakonie, als sechs junge Menschen im Autismus-Spektrum im September ihre neue Arbeitsumgebung betraten. Wo einst Studierende der alten Universität Altdorfs lernten, entsteht nun ein Ort, an dem Menschen im Autismus-Spektrum ihren Weg ins Erwachsenenleben gestalten können. Die Nürnberger Förderstätte für Menschen im Autismus-Spektrum der Rummelsberger Diakonie hat hier eine Übergangslösung geschaffen – und die wird mit Leben gefüllt.
Die Außenstelle in Altdorf ist vorübergehend, aber bedeutsam: Sie überbrückt die Zeit, bis an der Ingolstädter Straße in Nürnberg ein neuer Wohn- und Arbeitsbereich entsteht. Direkt neben der Schule der Muschelkinder wird dort ein Neubau errichtet, der moderne, bedarfsgerechte Räume für Förderung, Lernen und Arbeiten bieten soll. „Wir sind froh, dass wir eine Lösung für die aktuelle Abschlussklasse der Muschelkinder-Schüler schaffen konnten“, sagt Ralph Eichenseher, Leiter des Fachbereichs Autismus. Baubeginn der neuen Förderstätte ist für Frühjahr 2026 geplant.
Die Schule der Muschelkinder selbst ist seit 1995 ein besonderer Lernort für Kinder und Jugendliche mit frühkindlichem Autismus oder anderen Autismus-Spektrum-Störungen. Entstanden aus einer Elterninitiative, gehören die Klassen heute als Außenklassen zur Rummelsberger Comenius-Schule in Hilpoltstein. 28 Schüler*innen besuchen den barrierefreien, autismusfreundlichen Neubau in Nürnberg. Drei Klassen gibt es in der Grund- und Mittelschulstufe, eine weitere in der Berufsschulstufe – und sie alle werden ganztägig von pädagogischen Fachkräften begleitet.
Für viele endet die Schullaufbahn jedoch nicht abrupt, sondern geht in einen strukturierten Alltag der Förderstätte über. In der Nürnberger Einrichtung arbeiten derzeit zwölf Menschen im Autismus-Spektrum in zwei Gruppen. Der Tagesablauf ist klar strukturiert, zugleich aber abwechslungsreich gestaltet. Unterstützte Kommunikation gehört selbstverständlich dazu – mit Bildkarten, Gebärden oder elektronischen Hilfsmitteln. Am Nachmittag wählen die Teilnehmer*innen zwischen Interessengruppen, weiteren Arbeitsangeboten oder Entspannung.
Dass die sechs jungen Erwachsenen – teils aus der Abschlussklasse der Muschelkinder – nun in Altdorf einen passenden Übergangsort gefunden haben, ist ein wichtiges Signal. Bis der Neubau an der Ingolstädter Straße entsteht, wird das historische Wichernhaus zu einem Ort des Ankommens, der Orientierung – und des Aufbruchs.
Heike Reinhold