Kinaesthetics – Kompetenz für Bewegung und Lebensqualität

Bewegung ist die Grundlage für alle menschlichen Funktionen. Für die Pflege bedeutet dies: Durch ein bewegungsorientiertes Zusammenspiel von Klienten und unterstützender Person gelingt es, Bewegungskompetenz beim Klienten aufzubauen und zu erweitern. Die Lebensqualität und die Gesundheitsentwicklung werden gefördert. Die Diakonische Akademie schult das Bewegungskonzept Kinaesthetics, um diese Ziele zu erreichen.

Über Kinaesthetics

Sinn-WERTstatt Kinaesthetics

Aktuelle Aktion

Aktion Aktiv-Team – Wir beweg(t)en uns

Abgelaufene Aktion

Mehr über Kinaesthetics lesen

Artikel von Diakon Stephan Posse

Über Kinaesthetics

Was ist Kinaesthetics?

Der Begriff kann aus den altgriechischen Wörtern kineō (bewegen, sich bewegen) und aisthēsis (Wahrnehmung, Erfahrung)  abgeleitet werden. Kinaesthetics ist die Bezeichnung für die Erfahrungswissenschaft, die sich mit Bewegungskompetenz als einer zentralen Grundlage des menschlichen Lebens auseinandersetzt. Ein berufsbedingtes Verletzungsrisiko wird bei der unterstützenden Person durch die gezielte Anleitung und Förderung des Klienten deutlich reduziert. Heben wird vermieden, da Bewegung durch Gewichtsverlagerung organisiert wird.

Geschichte von Kinaesthetics

Der Kybernetiker K.U. Smith (University of California) hat mit seinen Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Verhaltenskybernetik die Grundlagen für die Kinaesthetics-Entwicklungen gelegt. Der Tänzer Dr. Frank Hatch - Student bei K.U. Smith - hat 1972 damit begonnen, die Erkenntnisse von K.U. Smith auf Alltagsbewegungen von Menschen zu übertragen. Für diese Arbeiten wurden zuerst der Begriff „Gentle Dance“, später „Kinaesthetics“ benutzt.

In den 70er und 80er-Jahren haben Dr. Frank Hatch und Dr. Lenny Maietta die wissenschaftlichen Erkenntnisse auf das Thema „Lernen“ übertragen und dazu Seminare in Deutschland und der Schweiz angeboten. Die anfängliche Zielgruppe der Pädagogen und Psychologen waren zwar interessiert, das echte „Anwendungsinteresse“ kam jedoch von Fachkräften aus der Pflege. Kinaestheticsmethoden und – instrumente wurden entwickelt. Anfang der 90er Jahre wurden die ersten Kinaesthetics-TrainerInnen ausgebildet. Seit über 30 Jahren wird durch Kinaesthetics an der differenzierten und systematischen Beschreibung der erfahrbaren Unterschiede der menschlichen Bewegung gearbeitet. Kurse und Ausbildungen werden durch ein dezentral geführtes Bildungsnetzwerk mit verschiedenen Länderorganisationen und Kinaesthetics-TrainerInnen durchgeführt.

Mehr Informationen: www.kinaesthetics.de

Theoretische Grundlagen

„Bewegung ist die Grundlage des Lebens“ Alle menschlichen Aktivitäten beruhen auf Bewegung. Reduziert sich die Mobilität, hat dies Auswirkung auf die Lebensqualität eines Menschen. Kinaesthetics ist eine Erfahrungswissenschaft und bietet Instrumente und Methoden, Bewegungserfahrungen einzuordnen und zu verstehen. Die Sensibilisierung auf Unterschiede ermöglicht eine achtsame Wahrnehmung.

Bedeutung für die Praxis

Das Programm kommt überall da zur Anwendung, wo Menschen von Fachkräften betreut, gepflegt oder auch therapiert werden: In der Altenpflege, in der Gesundheits- und Krankenpflege im Krankenhaus, in der professionellen häuslichen Pflege oder im Behindertenbereich.
„Kinaesthetics in der Pflege“ ermöglicht eine gezielte und systematische Hilfe zur Selbsthilfe. Im Mittelpunkt des Programms stehen die alltäglichen Aktivitäten der Pflege und Betreuung. Durch die Sensibilisierung für die eigene Bewegung und die des Gegenübers lernt der Pflegende, jede Unterstützung an die Situation angepasst und in einer Interaktion mit der pflegebedürftigen Person lern- und gesundheitsfördernd zu gestalten.

Der Kursteilnehmer lernt, Menschen bei Aktivitäten wie Essen, Aufsitzen, Aufstehen oder beim Bewegen im Bett so zu unterstützen, dass diese ihre Bewegungsmöglichkeiten so weit wie möglich ausschöpfen und ihre Bewegungskompetenz erhalten und erweitern können. Dadurch entfalten pflegebedürftige Menschen mehr Eigenaktivität und werden schneller mobil. Sie fühlen sich nicht wie ein Gegenstand, der wegen eines „Defekts“ manipuliert werden muss, sondern erfahren sich selbst als wirksam in Bezug auf ihren Gesundheitsprozess. Sie lernen, ihre Lebensqualität vermehrt selbst zu beeinflussen. Indem die Fachperson den pflegebedürftigen Menschen nicht mehr wie eine Sache zu heben versucht, sondern ihn in seiner Bewegung unterstützt, nehmen überdies die arbeitsbedingten gesundheitlichen Risiken des Personals deutlich ab. Das Programm bringt vor diesem Hintergrund einen doppelten Gewinn: Die Anwendung von „Kinaesthetics in der Pflege“ leistet einen wertvollen Beitrag zu einem humanen und respektvollen Umgang mit pflegebedürftigen Menschen wie auch zur Gesundheitsentwicklung aller Beteiligten.


Quelle: https://www.kinaesthetics.de/kin_pflege.cfm

Ziele und Auswirkungen

Kinaesthetics richtet sich an alle Menschen, die andere Menschen im Bewegungsprozess unterstützen. Dies kann im Bereich der Krankenpflege, Altenpflege oder auch im Bereich der Unterstützung von Menschen mit Behinderung sein. Sinnhaft ist die Implementierung des Schulungsprozesses in einer Gesamteinrichtung. Die Anwendung des Kinaesthetics-Konzeptes hat vielfältige Auswirkungen.

Für die Anwender:
Sensibilisierung der Bewegungswahrnehmung/Entwicklung von Bewegungskompetenz/Reduzierung von Rückenproblematiken/Förderung der Professionalität und Lebensqualität/Motivationsförderung

Für die zu Betreuenden:
Selbstwirksamkeitserleben/Entwicklung von Bewegungskompetenz/Förderung und Erhaltung von Ressourcen/Erlernen neuer Verhaltens- und Bewegungsmuster zur Anpassung an eine veränderte Lebenssituation/Förderung der Selbstständigkeit/Gesundheitsförderung

Für die Organisation/Einrichtung:
Angebot eines präventiven Gesundheitsangebotes (innerbetriebliches Gesundheitsmanagement)/Förderung der interdisziplinären Zusammenarbeit von Therapie, Pflege und Betreuung/Weiterentwicklung des Pflegeverständnisses/monetäre Einsparungen/Förderung der Zufriedenheit aller Beteiligten am Pflege- und Versorgungsprozesses/Verbesserung der Pflegequalität/Arbeit am Menschenbild

Bildungsangebote

Die Diakonische Akademie Rummelsberg führt ausschließlich Schulungen vom Programm "Kinaesthetics in der Pflege" vor Ort direkt in den Einrichtungen (Inhouse-Seminare) durch. Dies ermöglicht einen gezielten Aufbau der Schulungsinhalte und eine nachhaltige Sicherung. Bei Interesse wenden Sie sich gerne an den Kinaestheticstrainer Stephan Posse.

Ein Grundkurs Kinaesthetics (2+2+1 Tage) mit integrierter Praxis dauert 5 Tage.
Ein Aufbaukurs Kinaesthetics (2+2 Tage) mit täglichen Praxisfeld 4 Tage.
Die weiterführende Weiterbildung Peer-Tutoring (3+3+1(2) Tage) (Qualifikation Praxisanleitung) 7-8 Tage.

Abschluss: Sie erhalten in jeder Qualifizierung ein Zertifikat von Kinaesthetics Deutschland.

Die Trainerausbildung kann über Kinaesthetics Deutschland absolviert werden. www.kinaesthetics.de

Ansprechpartner Kinaestheticstrainer*innen

 

Stephan PosseKinaesthetics Experte in der Praxis, Grund- und Aufbaukurstrainer
Zuständig für die Implementierung von Kinaesthetics im Bereich der Rummelsberger Behindertenhilfe / Praxisberatung vor Ort / Kurse im Gesamtbereich auch extern
posse.stephan@rummelsberger.net
  
Ralph BärthleinKinaesthetics Experte in der Praxis, Grundkurstrainer
Praxisberatung vor Ort / Grundkurse im Umfeld von Postbauer-Heng /Wurzhof
bärthlein.ralph@rummelsberger.net
  
Martina VaterKinaesthetics Expertin in der Praxis, Grundkurstrainerin in Ausbildung
Praxisberatung vor Ort im Auhof Wohnen / Grundkurse in Hilpoltstein / Auhof
vater.martina@rummelsberger.net
  
Anja HausnerKinaesthetics Expertin in der Praxis, Grundkurstrainerin in Ausbildung
Praxisberatung vor Ort im Auhof Wohnen / Grundkurse in Hilpoltstein / Auhof
hausner.anja@rummelsberger.net
  

Literatur & Links

www.kinaesthetics.de

vimeo.com/kinaesthetics

https://www.youtube.com/user/KinaestheticsEurope

Praxisbuch Kinaesthetics
Erfahrungen zur individuellen Bewegungsunterstützung auf Basis der Kinästhetik
Maren Asmussen
Verlag Urban&Fischer
ISBN 13: 978-3-437-27570-8

Kinästhetik
Gesundheitsentwicklung
und menschliche Funktionen
F. Hatch / L. Maietta
Ullstein Medical Verlag
ISBN 3-86126-637-7

Bewegtes „Lagern“
Esther Klein-Tarolli
Verlag Ingrid Zimmermann
ISBN 3-928568-45-9

Positionierung: Lagerung und Positionswechsel
Uwe Wagner
Verlag Elsevier
ISBN 978-3-437-25071-2

Sinn-WERTstatt Kinaesthetics

Seit März 2023 läuft für Mitarbeiter*innen und Klient*innen die Aktion „Sinn-WERTstatt“. Es geht also um Sinn und Sinnfindung im Rahmen eines Lernprozesses mit Bewegung. Es geht auch nicht um eine Werkstatt, wo man Defizite repariert, sondern um Werte, die sich auf möglichen Lernund Entwicklungspotentialen aufbauen sollen.

Mitarbeiter*innen und Klient*innen werden im Alltag vor Ort von einem Kinaestheticstrainer unterstützt. Gemeinsam wird in Bewegungsaktivitäten prozesshaft nach Umsetzungsvarianten geforscht. Eine Einschätzung der Mobilität und die Entwicklung von Lern- und Entwicklungspotentialen werden erstellt. Mitmachen können alle Mitarbeiter*innen mit als auch ohne Kinaesthetics-Schulung. 

 AktionSinnWERTstatt_Kinaesthetics.pdf

MAZ_02_2023_sinn-WERTstatt_0.pdf

Wie soll das gehen?

Eigentlich ist es eine praktische Umsetzung von unserem Leitsatz „Menschen an Ihrer Seite“. Menschen sind biopsychosoziale Wesen, das heißt, das Leben ist ein Zusammenwirken von biologischen, psychischen und sozialen Vorgängen. In der Beziehung mit unseren Mitmenschen lernen wir, uns selbst gewahr zu werden, unsere Potentiale zu entfalten und die eigenen Entwicklungsprozesse aktiv zu gestalten.

Es wird also die Möglichkeit gebraucht, sich mit einem anderen Menschen zu treffen und gemeinsam in Bewegung zu kommen und Alltagsbewältigung zu erforschen. Durch diese Auseinandersetzung wird Bewegungslernen ermöglicht. Eine oder DIE Lernmöglichkeit, welche auch für Menschen mit Einschränkungen möglich ist.

Kinaesthetics will mit Respekt vor der Selbstständigkeit des Gegenübers Lern- und Entwicklungsprozesse fördern und so einen Beitrag zur Lebensqualität aller Beteiligten leisten.

Wie ist das Vorgehen?

Mitarbeitende und Klient*innen werden im Alltag vor Ort von einem Kinaestheticstrainer unterstützt. Benutzt werden hierzu das gelenkte Dokument „Einschätzung der Mobilität“ und die Werkzeuge Analysekonzept und Lernspirale von Kinaesthetics.

• Mitarbeiter*in erkennt im Kontext Bewegungsunterstützung, die Möglichkeit der Förderung von Lebensqualität / Selbstbestimmung und Teilhabe einer Klientin/eines 
  Klienten
• Mitarbeiter*in klärt in Abstimmung mit Bereichsleitung oder Fachdienst die Teilnahme an der Aktion Sinn-Wertstatt ab
• Fachdienst/Bereichsleitung nimmt formlos per Mail Kontakt mit Stephan Posse auf posse.stephan@rummelsberger.net und vereinbart einen Termin

… die Sinn-WERTstatt Kinaesthetics findet statt

Rückblick "Aktion Aktiv-Team – Wir beweg(t)en uns"

Hier ein kurzer Rückblick auf die Aktion:

Über einen Zeitraum von knapp drei Jahren, von November 2019 bis August 2022, konnten Menschen mit Behinderung bei der „Aktion Aktiv-Team" mitmachen und sich damit in ihrem Alltag mehr bewegen. Zusammen mit Mitarbeiter*innen aus unseren Wohneinrichtungen, den Werkstätten und Schulen bildeten sie jeweils eine Gruppe. 

Das Bewegungs- und Handlungskonzept Kinaesthetics ermöglichte dabei eine gezielte und professionelle Verbesserung des Bewegungsprozesses – der bis heute anhält, weiterentwickelt wird und stolz macht: 

  • Fabian hat gelernt, aus dem Rollstuhl aufzustehen.  Video
  • Alexander kann sich dank des Aktiv-Teams nun selbstständig hinlegen und aufrichten.  Video

Mehr über Kinaesthetics

In den folgenden Artikeln können Sie mehr über Kinaesthetics lesen und erfahren:

Die Grundlage der Mobilität ist Bewegungskompetenz

Diakon Stephan Posse erklärt wie Bewegung und Lebensqualität zusammenhängen. Ein Bericht über Kinaesthetics.

Als Kinaestheticstrainer bin ich fasziniert von der Bedeutung der Bewegung für das menschliche Leben. Für mich geht es hier aber nicht nur um die Mobilität, sondern auch um die vielfältige Auswirkung von Bewegungskompetenz auf die Lebensqualität. Dazu möchte ich Ihnen das integrale Lebensqualitätenmodell von Hennessey und Knobel vorstellen und dann auf die Umsetzung des Handlungs- und Bewegungskonzepts Kinaesthetics im Bereich der Rummelsberger Dienste für Menschen mit Behinderung (RDB) eingehen.

Dimensionen der Lebensqualität

Im Mittelpunkt dieses Modells steht der Aspekt „bewegungskompetent sein“. Unter Bewegungskompetenz wird die Fähigkeit verstanden, die individuellen Möglichkeiten der eigenen Bewegung zu entwickeln und anzupassen. Dies kann ich machen, indem ich mich gezielt mit der bewussten und auch differenzierten Bewegungswahrnehmung auseinandersetze, bzw. meinem Gegenüber ermögliche.
Außen sind die Dimensionen angeordnet, die den Bezug zu den Lebensqualitäten aufnehmen. Eine davon ist „wirksam sein“. Das Gefühl von Selbstwirksamkeit ist für Menschen unabdingbar, um psychisch und physisch gesund zu bleiben und Resilienz aufzubauen. Selbstwirksamkeit bedeutet, die innere Überzeugung zu haben, schwierige oder herausfordernde Situationen aus eigener Kraft heraus gut meistern zu können.

Eine weitere Dimension ist das „autonom sein“. Was so viel bedeutet wie Unabhängigkeit oder Selbstständigkeit. Dies kann verschiedene Facetten haben. Ich habe etwa die Auswahlmöglichkeit von mehreren Alternativen. Autonomie kann aber auch die Unabhängigkeit von Zwängen sein. Das können innere Zwänge sein, die mich beeinflussen oder äußere Rahmen, die mein Handeln einschränken. Die nächste Dimension ist „verbunden sein“. Dies wird assoziiert mit Verständnis, Geborgenheit, Sicherheit, Zugehörigkeit und Liebe. Wenn wir verbunden sind, fühlen wir uns nicht allein. Im Grunde ist es ein Wunsch nach unserem ursprünglichen Sein. Verbunden sein meint sowohl das positive Gefühl, das in uns beim Zusammensein mit anderen Menschen entsteht, als auch das gute Gefühl, das bei anderen beim Zusammensein mit uns entsteht. Die bekannte Aussage von Martin Buber „Der Mensch wird am Du zum Ich“ impliziert dies.

Die letzte Dimension ist das „sinnerfüllt sein“. Mein Handeln muss sinnvoll sein. Der Wunsch nach einem höheren Sinn stelle ich mir. Was ist mein Beitrag? Man erlebt sich als Teil eines größeren Ganzen und wächst über sich selbst heraus.

Das menschliche Leben ist komplex und bedarf einer Reflexion. Das integrale Lebensqualitätsmodell macht deutlich, dass Bewegungskompetenz eine Grundlage für die Erfüllung von Grundbedürfnissen ist und Entwicklung ermöglicht. Bewegung ist also nicht nur Mobilität, sondern auch Weiterentwicklung im menschlichen Dasein. Für mich als Mitarbeiter*in und für mein Gegenüber.

Die RDB hat bewusst das Handlungs- und Bewegungskonzept Kinaesthetics im fachlichen Konzept integriert. Die Klient*innen und die Mitarbeitenden erlernen das „wie“ der Bewegung durch das bewusste Wahrnehmen der eigenen Bewegung. Bewegungslernen im Alltag fördert und ermöglicht Selbstständigkeit und Selbstwirksamkeitserleben. Eine Grundlage für die Teilhabe. Mitarbeitende lernen eine differenzierte Bewegungswahrnehmung und somit die Möglichkeit des Eigenschutzes durch Vermeidung von ungünstigen Bewegungsabläufen. Geschult wird bewusst in Inhouse-Seminaren mit Praxisbegleitung, um Lernprozesse vor Ort in Realsituationen umzusetzen. Weitere Unterstützung wird durch individuell abgestimmte Praxisbegleitung ermöglicht. Hierzu läuft aktuell die Aktion Sinn-WERTstatt. Eine Weiterqualifizierung wird durch einen Aufbaukurs Kinaesthetics ermöglicht, in welchem die Praxisbegleitung in der Schulung integriert ist. Im Herbst 2024 startet die Weiterbildung Peer-Tutoring Kinaesthetics um die Anleitungsqualifikation in den Einrichtungen/Bereiche zu installieren.

Kinaesthetics-Schulungen finden auch im Bereich der Altenhilfe, Kindertagesstätten und Schulen statt. Denn Lebensqualität ist überall wichtig und hier ist die Bewegungskompetenz eine Grundlage!

Mobilität_M.A.Z_02_2024.pdf

Faszination Lernen/Kinaesthetics

Haben Sie es auch schon erlebt, dass ein Mensch, den Sie gerade unterstützt haben, über das ganze Gesicht strahlt und Freude ausdrückt? Zufall – oder was ist gerade passiert?
Mit diesem Artikel möchte ich mich mit Ihnen auf den Weg machen, Hintergründe des Lernens aufzuzeigen. Sie erfahren hierzu den Ansatz und Werkzeuge von Kinaesthetics, den wissenschaftlichen Hintergrund und die Bedeutung für die Lebensqualität.

Was ist für den Menschen wichtig?
Menschen sind biopsychosoziale Wesen, das heißt, unser Leben ist ein Zusammenwirken von biologischen, psychischen und sozialen Vorgängen. Wir steuern uns und unser Verhalten von innen heraus. In der Beziehung mit unseren Mitmenschen lernen wir, uns selbst gewahr zu werden, unser individuelles Potential zu entfalten und die eigenen Entwicklungsprozesse aktiv
zu gestalten. Wir brauchen als Mensch also ein Gegenüber! Da fällt mir der Leitsatz der Rummelsberger Diakonie ein: „Menschen an Ihrer Seite“. Passend, wenn der Mensch im Mittelpunkt stehen soll.

Was ist dem Menschen noch wichtig? Selbstwirksamkeit haben. Es ist ein großes Grundbedürfnis, sich als wirksam zu erleben. Schauen wir auf Kleinkinder und beobachten die Reaktion, wenn sie etwas bewirkt haben. Sie drücken auf einen Klingelknopf und freuen sich, wenn die Türglocke erklingt. Ein Kind, das Fahrradfahren gelernt hat, zeigt dies mit ganzem Stolz. Ein Jugendlicher mit einer Leidenschaft zum Fußball zeigt Anderen die neuen Tricks im Umgang mit dem Ball. Ein Erwachsener, der einen Garten angelegt hat, zeigt diesen anderen Interessierten mit einem Strahlen. Ein alter Mensch ist stolz, sich noch selbst versorgen zu können und betont dies immer wieder. Erfolge durch Selbstwirksamkeit geben Lebensqualität und treiben an.

Sonderseiten M.A.Z. 04.20.pdf

Kinaesthetics und Lebensqualität

„Isch habe Rücken“ lässt der Comedy-Star Hape Kerkeling seine Figur Horst Schlämmer sagen …Viele können den Spruch unterschreiben. Laut Robert-Koch-Institut erleben bis zu 85 Prozent der Bundesbürger mindestens einmal im Leben Schmerzen im Kreuz. Nach Angabe von Krankenkassen stellen Rückprobleme die häufigste Ursache bei Arbeitsunfähigkeit dar. Was ist da los? Was ist der Grund und was kann ich für mich machen? Die Zunahme der sitzenden beruflichen Tätigkeit spielt sicher eine Rolle. Aber auch in Bereichen, in denen man körperlich gefordert ist, wie beispielsweise in unseren Pflegebereichen, sieht die Situation nicht anders aus.

Als Kinaestheticstrainer möchte ich Ihnen aus der Bewegungsperspektive einige Annahmen und Lösungsmöglichkeiten vorstellen:

Annahme: Menschen, die sich mit dem eigenen Körper auseinandersetzen, entwickeln eine bessere Eigenwahrnehmung, schützen sich dadurch besser und können so ihre Gesundheit gezielt entwickeln.

Eigenerfahrung: Wollen Sie das jetzt gleich spüren? Stellen Sie sich hier jetzt einfach mal mit der M.A.Z. in der Hand hin. Sie haben die Beine schulterbreit abgestellt und die Knie sind durchgedrückt. Was spüren Sie, wenn Sie sich jetzt mal Zeit nehmen auf ihren Körper zu achten? Wie ist es mit ihrer Atmung? Wie ist es mit ihrer Bewegungsfähigkeit? Was ist, wenn Sie die Position ausgleichen müssen, wenn Sie eher nach vorne kippen?
Vielleicht spüren sie einen Spannungsaufbau. Sind die Muskeln angespannt, dann kann ich weniger spüren, weniger tief atmen und auch weniger für mich sorgen.

Vergleichsübung auch wieder im Stehen: Sie stellen sich in Schrittstellung, haben die Knie leicht angewinkelt und ihr Gesäß strecken Sie etwas nach hinten. Wie ist es jetzt mit ihrer Atmung und mit ihrer Bewegungsfreiheit? Können Sie ihren Körper jetzt anders wahrnehmen? Die Muskeln nutzen Sie nun dynamisch für die Stabilisierung, sind trotzdem bewegungsfähig und Sie können sich viel differenzierter wahrnehmen. Wir lernen: Weg von der selbstgemachten Stabilität, die den Körper unter Spannung setzt und die Wahrnehmung reduziert.
Sie fragen sich vielleicht: Was hat das mit der Bandscheibengesundheit zu tun? Wir haben 23 Bandscheiben, die zwischen den 24 beweglichen Wirbeln als Stoßdämpfer fungieren. Zu 90 Prozent bestehen diese aus Flüssigkeit – man kann sich das ähnlich wie ein Gelkissen vorstellen. Die Versorgung der Bandscheibe findet nicht durch Blutgefäße statt. Wie bei einer Saug-Druck-Pumpe werden bei Belastung Zellabfälle abtransportiert und bei Entlastung aus der Zwischenzellflüssigkeit Flüssigkeit und Nährstoffe aufgenommen. Bewegung ist also eine Grundlage für die passende Bandscheibengesundheit.

Ideen für die Umsetzung in der Praxis: Beim Telefonieren aufstehen statt sitzen und dynamisch in die der oben beschriebene Schrittstellung das Gewicht verlagern. Beim Warten an der Bushaltestelle dynamisch das Gewicht im Körper bewegen. Und bei der Unterstützung am Pflegebett eher „tanzen“ und weniger am Bettrand kleben. Probieren Sie es doch mal aus.

Hier lesen Sie weiter: MAZ_Beitrag_Kinaesthetics.pdf

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